Gregor Schöllgen – Historiker

Kanzler ohne Welt

22.11.2016 
Helmut Schmidt war ein bedeutender Bundeskanzler. Seine Stärke bestand in der realistischen Einschätzung der Möglichkeiten, aber auch der Grenzen eines Landes, das bis zur Vereinigung Deutschlands nicht über die vollständige äußere Souveränität verfügte, fest in die westlichen Gemeinschaften eingebunden und überdies ohne Wenn und Aber vom Schutz namentlich der USA abhängig war.

Wenn der fünfte Kanzler, der von 1974 bis 1982 amtierte, jetzt zum „Weltkanzler“ aufgeblasen wird, ist das grotesk. Ich habe mir das Buch einmal angesehen: Gregor Schöllgen zu "Helmut Schmidt. Der Weltkanzler." in der FAZ vom 22. November 2016.

Bis heute hat kein Bundeskanzler eine „Weltmacht“ geführt. Auch die amtierende Kanzlerin tut das nicht. Natürlich hat sich Deutschlands Rolle in der Weltpolitik seit 1991 enorm gewandelt. Ich habe das immer wieder einmal dargestellt und analysiert, auch in Buchform, z.B. in "Der Auftritt. Deutschlands Rückkehr auf die Weltbühne." Aber zu dieser neuen Rolle einer europäischen Großmacht gehört ihre realistische Einschätzung. In dieser Hinsicht hat sich seit den Tagen Helmut Schmidts nichts geändert.