Gregor Schöllgen – Historiker

Aus allen Rohren

16.02.2019 
Um den Westen im Allgemeinen, Europa im Besonderen ist es wohl noch schlechter bestellt als angenommen. Wie verfahren die Lage ist, zeigt der Kampf – denn ein solcher ist es inzwischen – um Nord Stream 2, also um den zweiten Strang der sogenannten Ostseepipeline. Er hat in den vergangenen Tagen bis an den Rand eines deutsch-französischen Zerwürfnisses geführt.

Einer der Gründe für diese Eskalation ist in Washington, ein anderer in Brüssel zu finden. Denn die USA und die EU versuchen mit allen Mitteln Einfluss auf den Betrieb der neuen Pipeline zu nehmen. Vergessen ist, dass die EU den Ersten Strang Nord Stream 1, der 2012 in Betrieb ging, als „Projekt von europäischem Interesse“ einstufte; übersehen wird meistens, dass Partner aus fünf europäischen Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland und Frankreich, die russische Pipeline mitfinanzieren; völlig aus dem Blick geraten ist, dass es eine Vorgeschichte gibt, die bis in die sechziger Jahre zurückreicht.

Schon damals spielte der amerikanische Widerstand eine entscheiden Rolle bei der Verzögerung des Projekts einer deutsch-sowjetischen Gaspipeline. Das zeigen die von mir mit herausgegebenen Akten zur Auswärtigen Politik der Bundesrepublik Deutschland für die Jahre 1961 und 1962.

Die ganze Geschichte habe ich vor zwei Jahren einmal für den Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung aufgeschrieben.