Gregor Schöllgen – Historiker

Die Tat

20.07.2019 
Am Ende sind sie gescheitert. Der Versuch Claus Schenk Graf von Stauffenbergs und einer kleinen Gruppe von Militärs, Adolf Hitler am 20. Juli 1944 zu töten, der nationalsozialistischen Diktatur ein Ende zu bereiten und so womöglich Deutschland vor dem Untergang zu bewahren, war der letzte Versuch mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg. 75 Jahre ist das nun her.

Ihr Scheitern ist kein Maßstab für die Beurteilung der Männer und Frauen, die den Versuch unternahmen. Das Attentat müsse erfolgen, koste es was es wolle, sagte Henning von Tresckow, einer von ihnen: “Denn es kommt nicht mehr auf den praktischen Zweck an, sondern darauf, dass die deutsche Widerstandsbewegung vor der Welt und vor der Geschichte unter Einsatz des Lebens den entscheidenden Wurf gewagt hat. Alles andere ist daneben gleichgültig.“

Zu denen, die das ähnlich sahen, nach dem gescheiterten Attentat inhaftiert, verurteil und hingerichtet wurden, gehörte Ulrich von Hassell. Der 1881 geborene Karrierediplomat, zuletzt deutscher Botschafter in Italien, war wie die meisten Mitverschwörer nicht von Anfang an ein Gegner Hitlers, ganz im Gegenteil. Dass der Reichskanzler die deutsche Großmachtstellung wiederherstellen wollte, die im Ersten Weltkrieg verloren gegangen war, entsprach ihren Vorstellungen.

Dass Hitler dann aber dieses Deutschland in den Untergang führte, dass er und die vielen, die ihm folgten, alle „sittlichen Werte“ zerstörten, führte diese Diplomaten, Politiker und Militärs, die von ihrem Selbstverständnis her Konservative waren, in den Widerstand und machte sie zu Putschisten.

Sie haben mich schon früh fasziniert. Die Biographie Ulrich von Hassells habe ich erforscht und aufgeschrieben. 1990 wurde sie im Verlag Beck veröffentlicht. Fast zeitgleich erschienen eine englische und eine amerikanische Ausgabe mit dem Titel „A Conservative Against Hitler“.

Dass Michael Balfour, einer der besten Kenner des Themas, mit mir über Ulrich von Hassell und den deutschen Widerstand sprach und dann auch ein Geleitwort zur englischsprachigen Ausgabe schrieb, hat mich sehr gefreut. Ralf Dahrendorf hatte die Verbindung hergestellt. Er war damals Warden am St Antony’s College in Oxford, wo ich ein Jahr verbrachte. Auch mit ihm habe ich lange über Ulrich von Hassel und meine Forschung sprechen können.