Gregor Schöllgen – Historiker

Endlich Frieden?

07.08.2019 
Es gibt Völker und Länder, die der Krieg nicht loslassen will. Zu ihnen gehört Mozambique. Das Schicksal dieses afrikanischen Landes fasziniert mich, seit ich mich mit der Außenpolitik des kaiserlichen Deutschlands beschäftigte habe. In diesen Jahrzehnten um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war Mozambique wie auch Angola eine portugiesische Kolonie. Immer noch.

Im August 1898 schlossen das Deutsche Reich und Großbritannien ein Abkommen, in dem sie sich unter anderem auf eine Aufteilung Mozambiques für den Fall einigten, dass Portugal seine afrikanischen Kolonien nicht mehr verwalten könne oder wolle. 1913 wurden die Modalitäten in einem zweiten Abkommen ergänzt und modifiziert. Wie es dahin kam und was daraus geworden ist, kann man in meinem Buch „Imperialismus und Gleichgewicht“ (S. 86 ff.) nachlesen.

Allerdings machte Portugal keine Anzeichen, seine Kolonien aufzugeben, im Gegenteil: Als es 1975 endlich dahin kam, war Deutschland schon gut 60 Jahre lang keine Kolonialmacht mehr und auch die Briten hatten ihr Empire, seinerzeit das größte der Welt, längst liquidiert.

Dass sich auch Portugal am Ende aus seinen Kolonien zurückzog, lag an der inneren Entwicklung dieses Landes, die eine eigene Geschichte ist, und zum anderen am Kampf der mozambiquanischen Befreiungsfront FRELIMO, einer konsequent marxistisch-leninistischen Organisation, die sowohl von der Sowjetunion als auch von der Volksrepublik China unterstützt wurde. In welchem weltpolitischen Szenario sich das abspielte, ist in meinem Bericht über die „Geschichte der Weltpolitik von Hitler bis Gorbatschow“ (S. 313 ff.) nachzulesen.

Das junge unabhängige Land kam damit vom Regen in die Traufe. Denn noch im Jahr der Unabhängigkeit gründeten die Gegner der FRELIMO, darunter enttäuschte ehemalige Kämpfer aus deren Reihen, im benachbarten heutigen Zimbabwe die RENAMO, eine nicht minder stramme antikommunistische Rebellenorganisation, die sich die Beseitigung der nunmehr staatstragenden FRELIMO auf die Fahnen schrieb.

Das Ende des Kalten Krieges änderte an dieser Konstellation wenig, auch wenn die Kombattanten ihre ursprünglichen Weltanschauungen irgendwann an den Nagel hängten. Längst haben der immer wieder aufflammende Bürgerkrieg, Korruption und Misswirtschaft oder auch Naturkatastrophen wie zuletzt der Zyklon „Idai“ das Land an den Rand eines Zusammenbruchs geführt: Auf der Armutsskala liegt Mozambique auf Platz 158 und damit ziemlich am Ende und ist zahlungsunfähig. Neue Gefahren wie der Heroinschmuggel oder, 2017 in Cabo Delgado beginnend, brutale Überfälle radikaler Islamisten tun ein Übriges.

Jetzt gibt es Licht am Ende des Tunnels. Gestern, also am 6. August 2019, haben Rebellen und Regierung, also RENAMO und die vormalige FRELIMO einen – weiteren – Friedensvertrag unterzeichnet. Wird er halten? Die vergangenen 45 Jahre geben wenig Anlass zur Hoffnung. Die Europäer, die ihren Anteil an der Misere haben, sollten die letzten sein, die sie aufgeben.